Hochpreisinsel Schweiz

Viele importierte Produkte kosten in der Schweiz sehr viel mehr als im benachbarten Ausland. Es sind allerdings oft nur in geringem Mass die höheren Schweizer Lohn-, Infrastruktur- oder Mietkosten, welche die höheren Endverkaufspreise in der Schweiz verursachen. Vielmehr sind es die ungerechtfertigten Schweiz-Zuschläge, welche den Wettbewerb behindern. Internationale Konzerne schöpfen die schweizerische Kaufkraft gezielt ab und halten die Preise künstlich hoch. Die Schweizer Firmen verlieren damit im Inland und im Export an Konkurrenzfähigkeit, wodurch bei uns Arbeitsplätze verloren gehen oder gar nicht entstehen.

Die im September lancierte «Fair-Preis-Initiative» will missbräuchliche Schweiz-Zuschläge in Zukunft unterbinden und so im Inland für günstigere Preise sorgen. Mit der Volksinitiative soll der Bund verpflichtet werden, das Kartellgesetz zu verschärfen. Künftig sollen mehr Unternehmen einer Missbrauchskontrolle und damit einem Missbrauchsverbot unterstehen. Der faktische Beschaffungszwang von überteuerten Waren und Dienstleistungen soll aufgehoben werden, Lieferverweigerungen und unrechtmässige Preisdiskriminierungen durch marktmächtige Unternehmen würden so unterbunden, sind die Konsumentenschützer überzeugt. Fehlbare Firmen sollen im In- und im Ausland eingeklagt werden können. Ausserdem soll der Verfassungsartikel dafür sorgen, dass Schweizerinnen und Schweizer im Online-Handel nicht mehr diskriminiert werden. Nicht von der Volksinitiative betroffen sind unter anderem landwirtschaftliche Produkte, die unter das Agrarregime fallen.

Aus diesen Gründen sollte die Wettbewerbskommission (Weko) eigentlich von der Fair-Preis-Initiative begeistert sein. Trotzdem wird die Fair-Preis-Initiative von der Weko nicht begrüsst. Das Volksbegehren schaffe zu hohe Erwartungen, welche die Weko nicht erfüllen könne, hielt Präsident Vincent Martenet jüngst fest. Die Zurückhaltung der Weko im Kampf gegen die Hochpreisinsel Schweiz ist nicht überraschend. Denn in der Behörde sitzen Vertreter mehrerer Wirtschaftsverbände, die an tieferen Preisen wenig bis gar nicht interessiert sind. Aktuell sind dies Rudolf Minsch vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, Henrique Schneider vom Gewerbeverband, Martin Rufer vom Bauernverband und Daniel Lampart vom Gewerkschaftsbund.

2014 scheiterte im Nationalrat eine Kartellgesetzrevi­sion. Es war u.a. vorgesehen, dass die Verbandsvertreter aus der Weko ausscheiden. Sie sollte in ein unabhängiges Kartellgericht oder in ein professionelles Exper­ten­gremium umgewandelt werden. Es ­nützte nichts. Ex-Preisüberwacher Rudolf Strahm weiss wa­rum: «Die Interessenvertreter der Wirtschaftsverbände wollten ihre Weko-Pöstchen nicht räumen.» Konfrontiert mit Zweifeln an der Unabhängigkeit, hält der stellvertretende Direktor Patrik Ducrey fest: «Die Weko versteht sich und entscheidet als unabhängige Behörde gemäss dem Kartellgesetz.»

15 bis 20 Milliarden Franken: Auf diese riesige ­Summe beläuft sich der Schweiz-Zuschlag, den ausländische Hersteller und Importeure mittels überhöhter Preise jährlich einkassieren. Aber auch der Bund profitiert – dank der Mehrwertsteuer: Deren Satz beträgt für gewisse Güter des täglichen Bedarfs 2,5 Prozent, für die meisten Waren aber 8 Prozent. Die Einnahmen aus dem Schweiz-Zuschlag könnten für die Bundeskasse über eine Milliarde Franken pro Jahr betragen.

Von den durch die Initiative angestrebten fairen Preisen kann die Schweiz nach Einschätzung der Initianten dreifach profitieren. Es wird wieder vermehrt im Inland statt im benachbarten Ausland eingekauft, die Konsumenten haben mehr Geld im Portemonnaie und Schweizer Unternehmen müssen weniger hohe Preise für importierte Güter zahlen, was die Konkurrenzfähigkeit verbessert und Arbeitsplätze sichert.

 

Quellen: Ktipp, Stiftung für Konsumentenschutz, Tages Anzeiger

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